"Mit Shitstorms kann ich leben"

"Sehr dumm": Diese Entscheidung von Neu-Kanzler Friedrich Merz versteht Hannes Jaenicke nicht

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von teleschau - Rupert Sommer
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In der "Amsterdam-Krimi"-Reihe spielt Hannes Jaenicke den eigenwilligen Undercover-Ermittler Alex Pollack.

Bild: ARD Degeto Film/Dinand van der W


Ein Mann mit Haltung: Hannes Jaenicke, der aktuell in zwei neuen Filmen der "Amsterdam Krimi"-Reihe im Ersten und in drei neuen Folgen der ZDF-Therapeuten-Romanze "Dr. Nice" zu sehen ist, ermöglicht sich mit der Schauspielerei sein Herzensthema: seine Naturdokus und den Kampf für Umweltschutz.

Obwohl er Ende Februar 65 Jahre alt wurde, ist Hannes Jaenicke nicht zu bremsen. Sein Alter sieht man dem durchtrainierten Ausnahmeschauspieler, der mit Filmen wie den Götz-George-Thriller "Abwärts", aber dann vor allem mit "Die Sieger" oder "Knockin' on Heaven's Door" berühmt wurde, nicht an. Aktuell ist er in zwei neuen ARD-Krimis der "Amsterdam Krimi"-Reihe und in drei neuen Folgen der ZDF-Therapeuten-Romanze "Dr. Nice" zu sehen. Im Interview mit der teleschau spricht der Deutsch-Amerikaner über seine visionären Naturschutzprojekte.


Herr Jaenicke, aktuell drehen Sie in Indonesien für eine neue Ausgabe Ihrer Naturdoku-Reihe "Im Einsatz für ...", die im September läuft. Diesmal geht es Ihnen um sehr besondere Meerestiere: Oktopusse sind eigentlich gar nicht so geschmeidig als Hauptdarsteller für eine Doku, oder?

Hannes Jaenicke: Es gibt zwei Camps. Die einen sagen: Der Oktopus ist mein Lieblingstier. Sie haben zu Hause Kissen und anderes Dekor in Oktopus-Form herumliegen. Und es gibt ein Feindlager, das das Tier eklig findet. Wir nehmen das Tier als Beispiel, weil es perfekt für das Thema Überfischung und Meeresverschmutzung steht. Und weil es ein beliebtes Speisetier ist, das leider immer noch als Delikatesse gilt. Es gibt aktuell sogar Bestrebungen, das noch zu intensivieren: Ein großer spanischer Fischkonzern will Oktopusse im großen Stil in Becken auf den Kanaren züchten - ähnlich wie bei Lachsfarmen. Und natürlich wäre das eine neue Form der Qualzucht.

Was fasziniert Sie an den Tieren?

Hannes Jaenicke: Wir reden über ein hochintelligentes, weitgehend unerforschtes Wesen. Oktopusse haben in jedem Arm ein Gehirn. Sie lernen schnell und benutzen Werkzeug. Nach dem zweiten Besuch als Taucher fangen sie an, dich zu verarschen. Sie erkennen dich wieder und spielen auch mit dir.

"Ich mache das ja nicht, weil ich mich langweile"

Sind Ihre Naturdokus für Sie Formate, mit dem man im besten Fall auch etwas bewegen, verändern kann?

Hannes Jaenicke: Das ist der Grund, warum ich das mache. Ich mache das ja nicht, weil ich mich langweile. Und finanziell betrachtet rechnen sich Dokus sowieso nicht. Es ist sowohl für meine Partner als auch für mich ein Leidenschaftsprojekt. Wir machen das, weil wir ab und zu mal was auf die Beine stellen wollen, was echt was bewegt. Und manchmal funktioniert das ja auch. Ein Beispiel war unser Film über Lachsfarmen. Er lief an einem Dienstagabend im ZDF. Am nächsten Tag war der Aktienkurs der vier größten norwegischen Lachsanbieter um 11 bis 13 Prozent abgestürzt. In dem Bioladen, in dem ich zu Hause einkaufe, gab es vorher vier Sorten Biolachs. Jetzt sind es nur noch zwei. Auch der Bodenfilm hat für Aufregung gesorgt. Oder die Doku über Schweine und Massentierhaltung: Da gab es teilweise heftige Reaktionen, vor allem seitens der Agrar-Lobby.

Wie nahe kommt die Kritik an Sie heran?

Hannes Jaenicke: Mit Shitstorms kann ich leben. Ich weiß dann: Da haben wir jetzt mal das richtige Thema aufgegriffen.

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"Es geht um das Nest, in dem wir leben"

Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass sich in Zeiten, in denen viele Menschen die Weltlage mit Sorge sehen, die Reihenfolge der Themen wieder verschiebt? Viele sagen: Umweltengagement ist was für die guten Zeiten, wenn man es sich leisten kann.

Hannes Jaenicke: Das ist verständlich. Und sehr dumm. Schon in der Finanzkrise 2008, hieß es aus der deutschen Regierung: Umweltschutz muss sich jetzt mal hinten anstellen. Jetzt kommt Friedrich Merz und sagt: Wir haben den Ukraine-Krieg und Trump, und das muss jetzt alles hinten anstehen.

Wie halten Sie da dagegen?

Hannes Jaenicke: Es geht um das Nest, in dem wir leben, unsere Lebensgrundlagen. Jeder Meteorologe bei der Münchener Rück, bei der Swiss Re, im Institut für Klimaforschung in Potsdam, kann ziemlich präzise vorrechnen, wie viel teurer es wird, jetzt nichts zu investieren - etwa in den Waldschutz. Wir müssen jetzt vorbauen. Das nicht zu tun, wäre extrem kurzsichtig. Wenn ein Boden erst mal kaputt ist, wenn eine Tierart ausgestorben ist, wenn ein Habitat mal zerstört ist, wie willst du das rückgängig machen? Warum kommen denn so viele Flüchtlinge aus der Sub-Sahara-Zone? Weil sie keine Ernten mehr einfahren.

Sie sind ja selbst Mitglied der Grünen. Wie sehr juckt es Sie, vielleicht noch die Seiten zu wechseln?

Hannes Jaenicke: Das werde ich ganz bestimmt nicht machen.


Ob Komödie, Drama oder Action - Jaenicke beherrscht jedes Genre!


"Der 'Amsterdam-Krimi' ist mein absolutes Herzensprojekt"

Warum?

Hannes Jaenicke: Ich bewege mit meinen Dokus mehr, als wenn ich mich in Partei-Gremien herumschlage. Ich muss mir nur die Koalitionsverhandlungen anschauen. Das ist ja wahnsinnig. Da wird monatelang verhandelt für schlechte Kompromisse. In der Zeit kann ich Dokus drehen und Vorträge halten. Und mit meiner kleinen Stiftung, der Pelorus Jack Foundation, bewege ich mehr als mit Politik.

Sie könnten ja auch die Füße hochlegen und einem lustigen Hobby nachgehen.

Hannes Jaenicke: Ich habe Gott sei Dank Spaß an der Arbeit. Ich habe mir einen Job gesucht, den ich nicht mal als Arbeit bezeichnen würde. Meine Mutter hatte immer gesagt: Such dir einen Beruf, der dir Spaß macht. Das hat zum Glück geklappt.

Trotzdem, ein paar Brötchen muss man verdienen. Geben Ihnen dann große fiktionale Sachen wie die "Amsterdam"-Reihe die nötige Luft für andere Projekte?

Hannes Jaenicke: Damit zahle ich meine Miete. Und der "Amsterdam-Krimi" ist mein absolutes Herzensprojekt, ich liebe diese Reihe. Ich drehe für mein Leben gern in Amsterdam, habe dort ein fantastisches Team. Und eine Produzentin und Redaktion, die wirklich versuchen, das deutsche Krimi-Klischee zu knacken.

"Ich bin ein Befürworter von Therapie"

Wie meinen Sie das?

Hannes Jaenicke: Wir machen ja eben nicht Filme nach dem Muster "Zwei Bullen finden eine Leiche und fragen dann: Wer war das?" Es gibt für meinen Geschmack genug gute "Tatorte", wir müssen uns ja auch mal was Neues ausdenken.

Noch ein Wort zu Ihrer Serie "Dr. Nice".

Hannes Jaenicke: Großer Spaß.

Warum?

Hannes Jaenicke: Ich spiele den Psychiater eines Arztes, der Pillen frisst. Aufgrund eines Unfalls kann er eigentlich seinen Beruf als Chirurg nicht mehr ausüben. Es ist ein bisschen wie in "Doctor House". Das ist keine Neuerfindung des Genres, aber ein echt erfrischendes Konzept. "Dr. Nice" ist eine Mischung aus "Doctor House", "Grey's Anatomy" und "This Is Us".

Ist das ein Therapeut, vor dem man sich fürchten muss? Oder der einen auf Abwege bringt?

Hannes Jaenicke: Ich bin ein Befürworter von Therapie. Wir gehen doch auch zum Zahnarzt. Warum kümmern wir uns nicht genauso um unsere Seele? So sieht das auch der Psychiater, den ich bei "Dr. Nice" spiele, er ist klug, beobachtet genau, und hat sein eigenes Leben genauso wenig im Griff wie seine Patienten. Therapeuten zu spielen, ist spannend. Ich hoffe, dass ich das noch eine Weile machen darf. Die nächsten sechs Folgen sind schon in Auftrag gegeben. Die Reihe ist sowohl witzig als auch emotional, und das ist hierzulande ausgesprochen selten.


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